Mitleid oder Mitgefühl?
Sylvia läuft am Vormittag zu Fuss in die Stadt um auf dem Wochenmarkt einige Einkäufe zu erledigen. Das Wetter ist angenehm, so wie sie es im Frühling liebt und sie freut sich schon auf einen Kaffee, falls möglich auf einer Terrasse – das klappt nicht immer, denn sie ist nicht die Einzige, die diesen Wunsch hegt…!
Sylvia kauft Gemüse und Salat, lässt sich ein wenig vom Angebot inspirieren, denn es gibt sogar schon Erdbeeren! Als sie bezahlt, klopft ihr plötzlich jemand auf die Schulter – Sylvia dreht sich um und erkennt eine Bekannte, die sie schon sehr lang nicht mehr gesehen hat. Sie fragt sie, wie es ihr geht und anstatt nur zu sagen: Ganz gut… oder sonst einer höflichen Antwort, antwortet diese mit einer Dramageschichte über ihren gesundheitlichen Zustand!
Sylvia reagiert unmittelbar indem sie sich ihren «sicheren Raum» kreiert, um nicht in die Dramaenergie hineingezogen zu werden. Sie schaut sie interessiert an, stellt ein paar Fragen, aber sie fühlt sich nicht veranlasst eine ähnliche Erfahrung aus ihrem eigenen Leben mit ihr zu teilen – sie nennt das Mitgefühl, so wie es auch Tobias nennen würde! Nach einiger Zeit verabschieden sie sich voneinander, wünschen sich einen schönen Tag und Sylvia ihrer Bekannten «gute Besserung»!
Sylvia fühlt sich gut und ist dankbar, dass sie richtig reagiert hat, denn sie fühlt sich nun nicht leergepumpt, wie sie es früher in solchen Situationen gelebt hat, sondern sie hat Verständnis dafür, was sich ihre Bekannte, wenn auch vermutlich unbewusst, kreiert hat.
Es ist Sylvia klar, dass wahrscheinlich viele Leute aus ihrem Umfeld sie nicht so gut verstehen, denn sich gegenseitig Dramageschichten zu erzählen, gehört für die meisten Menschen zum Alltag. Es nährt sie und sie halten es für Mitgefühl, aber in Wirklichkeit ist es Mitleid, man leidet mit dem Anderen und erkennt nicht, dass wir alles, was wir in unserem Leben erfahren, selbst kreieren, eben um daraus Weisheit zu gewinnen und nicht, weil Leiden ein Teil des Lebens ist und einfach dazugehört!?
Sylvie geht noch an einen Stand mit Backwaren und kauft ein Brot fürs Abendessen. Anschliessend steuert sie auf eine Terrasse zu, wo gerade ein kleiner Tisch frei wird und sie bestellt sich einen Kaffee und ein Croissant und geniesst beides, wobei sie sich so hinsetzt, dass sie beobachten kann, wer so auf dem Markt unterwegs ist. Danach läuft sie wieder nach Hause und lässt ihre Erfahrung noch einmal Revue passieren… und sie empfindet Freude darüber, dass sie energetisch ‘richtig’ reagiert hat!